Steht er oder steht er nicht?
27.5.2021
Steht er oder steht er nicht?
Das Thema Erektion kann sehr belastend sein, wie einige von euch wahrscheinlich wissen und selber schon erlebt haben. Dass es mal nicht klappt, ist eigentlich nichts Besonderes und kommt bei jedem Mann mal vor. Wenn es dann aber wieder und wieder zu Problemen kommt, kommen oft immer mehr Gedanken, Befürchtungen, Ängste hinzu. Es fängt an, an einem zu nagen, vielleicht fürchtet man sogar um die Partnerschaft. Ideen und Lösungsversuche schwirren durch den Kopf, genauso wie Wut und Hilflosigkeit. Wenn man sich dann traut, das Thema endlich mal mit jemandem zu besprechen, gibt’s zum Teil Kommentare wie: Such dir doch eine andere Frau. Das kann sehr verletzend sein, denn schließlich, weiß man selber genau, dass es darum gar nicht geht. Im Gegenteil man möchte mit seiner Frau zusammenbleiben, weil man sie liebt und attraktiv findet, hat aber größte Angst sie zu enttäuschen oder gar zu verlieren. Es entstehen viele Fragen: Warum trifft mich das? Was nun? Soll ich mir vom Arzt Viagra, Cialis, Levitra , Spedra oder die entsprechenden Generika verschreiben lassen? Oder sie gar im Internet bestellen. Bin ich zu alt? Ist das in meinem Alter normal? Wird das mit den Pillen besser? Werde ich dann ewig von den Pillen abhängig sein? Denkt meine Frau, dass ich sie nicht mehr liebe, nicht mehr begehre? Bin ich noch ein richtiger Mann? Stimmt etwas mit meinen Hormonen nicht? Und noch vieles, vieles anderes kann da auftauchen an Gedanken. Und natürlich kommen in jedem Lebensalter noch spezifische andere Bedenken hinzu. Ja, Erektionsprobleme sind in allen Alterskategorien vertreten, von der Pubertät bis ins hohe Alter. Und sie können in jeder Lebensphase sehr belastend sein.
Wenn man von Erektionsproblemen spricht, gibt es ganz verschieden Ausprägungen. Es gibt Männer, die überhaupt keine Erektion mehr bekommen. Bei anderen ist es vielleicht so, dass es manchmal ganz normal klappt, wie sie es kennen und dann wieder einige Male stellt sich keine Erektion ein oder verschwindet schnell wieder. Dann kann es auch sein, dass man zu Beginn eine sehr gute Erektion hat, die dann aber schon vor dem Eindringen oder kurz nach dem Eindringen verschwindet. Es ist möglich, dass Mann zum Beispiel bei der Selbstbefriedigung keine Mühe mit der Erektion hat, beim Sex zu zweit aber schon. Oder es gibt keine Probleme, wenn die Partnerin einen mit der Hand befriedigt, beim Geschlechtsverkehr aber schon. Es muss auch überhaupt nicht sein, dass die Erektion vollkommen verschwindet, es kann einfach sein, dass sie an Härte verliert und man dann Probleme hat mit dem Eindringen. Und diese Auflistung hier, ist bei weitem noch nicht vollständig.
Und dann ist es auch ganz unterschiedlich wie Mann oder auch die davon betroffene Frau damit umgeht.
28.5.2021
Wie gehen die betroffenen Männer mit Erektionsschwierigkeiten um?
Der Umgang damit ist so verschieden, wie die betroffenen Männer unterschiedlich sind.
Manche ignorieren das Problem, andere versuchen Situationen zu vermeiden, in denen es zu Sex kommen könnte. Manche Männer, besonders wenn sie älter sind, schließen mit dem Thema Geschlechtsverkehr ab. Wieder andere versuchen zu analysieren woher es kommt, in der Hoffnung es dann lösen zu können. Oft wird erst eine ganze Zeit abgewartet bis man sich an einem Arzt oder eine andere Fachperson wendet. Zum Teil werden verschiedene Mittel ausprobiert, die von Bekannten oder im Internet empfohlen wurden. Manche Männer gehen davon aus, dass es ein mechanisches oder medizinisches Problem ist, andere denken eher es ist etwas psychisches, oder es ist, weil sie beruflich und/oder privat zu viel Stress haben und nicht abschalten können.
Wenn es gelingt mit der Partnerin darüber zu sprechen, zeigt diese oft Verständnis und Mitgefühl. Es kann aber auch sein, dass sie wütend oder verletzt ist, weil sie das Problem persönlich nimmt. Sie nimmt dann an, dass ihr Mann sie nicht mehr mögen würde und das auch dann, wenn er ihr immer wieder versichert, dass das nicht der Fall ist. Und dann gibt es natürlich auch noch die Partnerin, die sehr erleichtert ist, weil sie selber nie großes Interesse am Sex hatte, und jetzt aufatmet, weil in ihren Augen das Thema endlich erledigt ist.
Sex bereitet dann oft zunehmend mehr Probleme und das auch schon im Vorfeld. Der Mann hat Angst oder Befürchtungen und fühlt sich schuldig. Er ist dann sehr mit diesen Ängsten beschäftigt oder damit möglichst keine Angst zu haben. Denn er befürchtet, dass Angst zu empfinden, das Problem noch verschlimmern würde. Hinzu kommt, nicht immer aber doch häufig, dass der Mann sich dann beim Sex mehr auf seine Frau konzentriert, weil er es ihr recht machen möchte, wenn er ihr, so wie er denkt, sonst schon nichts bieten kann. All das führt dazu, dass der Mann sich mehr und mehr entfernt von dem, was er beim Sex spürt. Er nimmt oft eine doppelte Beobachter Rolle ein. Einmal indem er wie von außen seinen Penis betrachtet: was macht er denn jetzt schon wieder? Steht er, wird er stehen bleiben? Und zum anderen, indem er seine Frau beobachtet um zu sehen, was sie jetzt braucht, damit es für sie trotz allem möglichst gut ist. Das ist beides in dem Falle sehr ungünstig. Es ist, als würde man versuchen etwas von außen zu steuern, was aber nur von innen steuerbar ist. Das anders zu gestalten, ist auf jeden Fall von Vorteil, auch wenn es sich tatsächlich um ein medizinisches Problem handeln sollte.
Das grosse Warum
Erektionsschwierigkeiten treten bei Männern jeden Alters auf, wobei sie jedoch mit zunehmendem Alter häufiger werden.
Ich unterteile die Ursachen in 3 Gruppen:
1.einschränkender Erregungsmodus und verbesserungswürdige Wahrnehmung
2. psychische und psychosoziale
3.medizinische
Und ist gibt selbstverständlich auch Mischformen dieser Ursachen.
Fangen wir mal bei Punkt 3 an:
Eine medizinische Abklärung ist besonders bei Männern, die älter als 45 Jahre sind, sinnvoll.
Es sollte eine ausführliche Anamnese erfolgen und eine körperliche Untersuchung durchgeführt werden und dabei sollten natürlich auch die Geschlechtsorgane angeschaut und abgetastet werden. Ausserdem ist eine Blutentnahme ratsam, um Erkrankungen zu erkennen, die einen negativen Einfluss auf die Erektion haben.
Was braucht man medizinisch gesehen um eine Erektion zu bekommen?
Das sind vereinfacht gesagt: Nerven, zuführende Blutgefässe, Schwellkörpergewebe, abtransportierende Blutgefässe, Hormone
Das heisst, es kann auch in all diesen Bereichen zu Störungen kommen.
Und so erklären sich auch die Risikofaktoren für eine Erektionsstörung.
Hier ein paar Beispiele:
Diabetes mellitus (Blutzuckererkrankung) kann einen Einfluss auf die zuführenden Blutgefässe und die Nerven haben.
Eine Fettstoffwechselstörung kann, durch Ablagerungen in den Gefässen, Einfluss auf die zuführenden Blutgefässe haben.
Operationen im Bereich der Penisnerven, also zum Beispiel eine radikale Prostatektomie bei Prostatakrebs, kann die Nervenversorgung schädigen.
Auch Medikamente, die in den Hormonhaushalt eingreifen oder die den Blutdruck senken, können somit Einfluss auf die Erektion haben.
Wenn du mehr dazu wissen möchtest, dann schreibe es in den Kommentar.
Wenn man nun eine Erkrankung festgestellt hat, die einen negativen Einfluss auf die Erektion hat, kann es manchmal gelingen, dass, wenn man die jeweilige Erkrankung therapiert, sich die Erektionsfähigkeit wieder verbessert. Oft werden oder müssen dann aber trotzdem PDE-5-Hemmer wie Viagra und Co. verschrieben werden.
Nun wende ich mich der zweiten Gruppe zu: psychische und psychosoziale Gründe
Dazu gehört erst einmal die Situation in der Partnerschaft oder wenn man alleine ist, die Erwartungen an sich und die mögliche/n Sexpartner/in. Dazu gehört aber auch die berufliche Situation. Eigentlich gehören in diese Kategorie auch alle Ideen, Normen, Erwartungen, die man in Bezug auf die Sexualität hat.
Dass der Mann in einer Partnerschaft, die alles andere als gut ist, Erektionsschwierigkeiten haben kann, ist eigentlich recht einleuchtend. Oft ist schon gar keine Lust mehr da, dann stellt sich die Frage nach der Erektion gar nicht. Oder aber es gibt noch ab und zu Lust, vielleicht auch eher aus dem Wunsch heraus sich zu versöhnen oder die Beziehung doch noch zu retten, aber der Penis macht das nicht mit. Er ist in dem Falle, könnte man sagen, ehrlicher, als der Mann sich selbst gegenüber ist. Es gibt aber auch andere Gründe: Der Mann möchte auf die Partnerin Rücksicht nehmen oder ist sehr besorgt zum Beispiel bei einer schweren Erkrankung der Frau. Seine Lust ist dann vielleicht da, aber im inneren Widerstreit mit sich selber, bleibt die Erektion aus.
Ist man alleine, haben heutzutage viele Menschen enormen Stress mit den Erwartungen an Gelegenheitssex oder aber auch beim Sex mit einer potentiell neuen Freundin. Der Erwartungsdruck ist sehr hoch, dass die Performance stimmen muss. Diesen Druck macht man sich meist selbst, wobei natürlich die momentanen Ideale der Gesellschaft auch in diese Richtung gehen: alles muss perfekt aussehen/sein. Der menschliche Faktor rückt oft in den Hintergrund und Sexualität wird dann als etwas eher „mechanisches“ sehr planbares gesehen. Manchen Männern macht das nichts aus. Andere sind davon aber, auch wenn sie es nicht wollen, so gestresst, dass der Penis nicht mehr mitmacht.
Steht man beruflich sehr unter Druck und hat dann vielleicht auch noch finanzielle Sorgen, kann sich auch das auf die Erektion auswirken.
Das ist jetzt nur ein kurzer exemplarischer Abriss der Kategorie psychische und psychosoziale Gründe und bei weitem nicht vollständig.
Nun endlich Punkt 1: Erektionsschwierigkeiten treten auf, weil der Erregungsmodus nicht stimmig ist und weil die Wahrnehmung verbesserungswürdig ist.
Erregungsmodus, was ist das denn, fragst du dich vielleicht. Stimmt, das ist nicht so bekannt und hört sich auch recht technisch an. Worum geht es dabei? Es geht darum, wie du dich beim Sex bewegst. Ok, denkst du vielleicht, natürlich bewege ich mich, sonst funktioniert ja Sex gar nicht. Das ist richtig. Aber du kannst dich auch bewegen, wenn du deine Muskeln stark anspannst. Das wird oft gemacht um die sexuelle Erregung zu steigern. Leider ist das extrem ungünstig, denn je mehr du die Muskeln anspannst, desto weniger wirst du im Körper spüren. Das mangelhafte Spüren gleicht man dann aus, indem man die Muskeln noch mehr anspannt, oder auch indem man stärkere Bilder im Kopf hinzunimmt. Das passiert meist nicht so bewusst. Hinzu kommt, dass öfter bei der Selbstbefriedigung relativ viel Druck angewendet wird. Die Hand reibt den Penis stark. Der Penis ist es dann gewohnt, nur auf starken Druck zu reagieren. Die Vagina kann solch einen starken Druck aber gar nicht aufbauen. Manchmal bleibt aber so ein schaler Geschmack von: es könnte sich besser anfühlen. Okay, sagst du dir vielleicht, das kann schon sein, aber ich habe es immer schon so gemacht und da hatte ich schliesslich auch keine Erektionsstörung. Das ist auch richtig. Die Sexualität ist wie ein System, das von vielen kleinen und grösseren Faktoren beeinflusst wird. Kommt es nun bei einem dieser Faktoren zu einer auch noch so kleinen Änderung, dann kann es sein, dass die benutzte „Stellschraube“ = Bildern und Ideen im Kopf und erhöhter Muskelspannung, das nicht mehr hinbekommt. Die Erektion verschwindet oder bleibt aus. Du kannst eine Verbesserung erreichen, indem du einen neuen Erregungsmodus erlernst. Dadurch gelingt es beim Sex wieder mehr im Körper zu spüren und auch die Wahrnehmung mit dem Penis zu verbessern. Die Sexualität wird erfüllender und die Erektion wird besser.
Auch wenn medizinische Gründe vorliegen oder psychische Gründe, lohnt es sich einen Blick auf den Erregungsmodus und die Wahrnehmung zu werfen und diese mit einzubeziehen bei der Lösung.